Album – Cyclamen -Gernhaben

Kennen Sie sie noch, diese Büchlein voller leerer Seiten, zu füllen mit Beiträgen von Menschen, die man mag? Meine Kinder hatten noch solche, bei meinen Enkeln bin ich mir nicht sicher. Bei ihnen stelle ich mir, vor, sie könnten irgend ein elektronisches Teil haben, wo Fotos und Podcasts von Mitschülern verewigt (gespeichert) werden….

Als älteres Mitglied dieser Technik Gesellschaft erlaube ich mir zu erzählen, welche Gedanken mich bei der Durchsicht meines Albums (Umgangssprache für Poesiealbum) und beim Kauf dieser kleinen Pflanze besuchten:  

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist coni2zyklamen220210303_133608.jpg.

Es war üblich, im Album die Seiten zu reservieren. Mit Bleistift schrieb man die ‚Reservationen‘ bescheiden zuunterst und klein an. Je weiter vorne die Betreffenden sich verewigen durften, desto geschätzter waren sie von der Albumbesitzerin. H. war nicht unter den ersten zehn in diesem Gunst Rennen. Aber ihr Beitrag, „Marion, ich weiss nicht ob du mich lieb hast, aber ich habe dich sicher“, verfolgt mich seit ihrem Tod täglich. Warum habe ich ihr nicht gesagt, wie lieb ich sie hatte?

Die Beiträge im Album waren von kitschig bis kunstvoll (liegt im Auge des Betrachters), und die Sprüche und Sprichwörter, die je nach Grammatik Kenntnissen der Schreibenden ‚gewiedmet‘, ‚gewitmet‘ oder doch gewidmet waren, mehr oder weniger gescheit. Es wurden barock anmutende Klebe Bouquets benützt, Begabte zeichneten Zwerge und Berge, besonders Fromme klebten Heiligenbildchen.

Die beim Grossverteiler gekaufte Pflanze liess mich an meinen Papa denken.

Weil ich ihn sowohl geliebt wie auch gefürchtet habe, war er nicht der allererste, der ein Blatt reserviert bekam. Da er oft geschäftlich unterwegs war und wenig Zeit hatte, musste ich ihn bitten, mir die Zeit für den Eintrag zu reservieren. Dann, an einem Sonntagnachmittag, setzte er sich in den Salon und bat um das Album. Auf dem Tisch stand eine schmale Kristallvase mit zwei abgeschnittenen Zyklamen und etwas Asparagus Grün. Papa verlangte nach meinen Buntstiften und machte sich ans Werk:

Der Text, den er für seine manchmal faule Tochter wählte, war ein Zitat von Tagore, wonach der im Garten geträumt hatte, das Leben sei Freude. Als er erwachte, sah er, wie das Leben Pflicht sei, und als er handelte, erkannte er, wie die Pflicht zur Freude wurde. Diese Weisheit hat mich ein Leben lang begleitet. Nicht immer habe ich danach gehandelt. Beim Zuwiderhandeln hämmerten Tagore (und Papa) oft noch in meinem Kopf!

            

Kataloge

Es gibt viele Arten dieser spannenden Lektüre, und es gibt sie auch als Auflistung von Fragen, Lösungen und in der Politik. Für mich sind sie Relikt aus einer Zeit, wo Internet noch ein Fremdwort war, und die ersten Rechner – oft als „Komputer“ in abschätzigen Tonvarianten ausgesprochen – als Teufelszeug galten. Insbesondere die Generation unserer Eltern, also diese Kinder der letzten Jahrhundertwende, fand den Zugang zur neuen Technik kaum bis gar nicht.

So sass mein Papa über den Wohnzimmer Tisch gebeugt hinter den Katalogen. Er war nicht mehr sehr mobil, wollte aber am Kaufverhalten teilnehmen und natürlich auch seine Wissbegierde und Neugierde stillen, was Mode und „Mödeli“ betraf! Seine Interessen waren schon immer vielfältig gewesen. Und er liebte „Gadgets“, diese kleinen und grossen Helfer im Alltag, die eigentlich niemand brauchte, aber jeder gerne haben wollte. Stundenlang also las er Kataloge, solche mit Fahrrädern und Zubehör (seine letzte Fahrt auf dem Zweirad lag in etwa eine halbe Ewigkeit zurück), Gartengeräten (er liess gärtnern), Damenoberbekleidung, (keine persönliche Verwendung, hier war das Interesse am Beruf noch immer aktuell). So konnte die Zeit rasch vergehen. Und irgendwann fand er dann einen Artikel, der ihm oder jemandem aus seinem Kreis Freude bereiten konnte. Sorgfältig füllte er den Bestelltalon aus, übergab ihn frankiert einer Hilfe, und fing mit dem Warten auf den Postboten an. Seine Freude bei Ankunft des Bestellten war höchstens durch das mühsame Auspacken getrübt.

Wenn ich auf meinem Handy die Lieferung eines Paketes avisiert bekomme, erfasst mich wahrscheinlich eine ähnliche Freude. Ich erwarte dann was ich in den Internet Seiten der Mode- Haushalt- und Mobiliar- Lieferanten erstöbert habe. Und steht das Paket dann in der Wohnung, wird mit Energie und Tatendrang ausgepackt. Ich bestaune, probiere, entferne Stecknadeln und Labels. Die neuen Sachen sind angekommen!

Was sich geändert hat? War mein Papa noch eher eine Ausnahme und seine Mit-Besteller im Katalog meist Bewohner einer abgelegenen Gegend, so bin ich eine urbane Rentnerin mit Laptop, Handy und vielen Passwörtern, und dabei eine von unglaublich vielen Versand Kunden!

Hoffnungen, Lösungen, Prognosen?

Wir werden miteinander zu zehnt am Tisch im Hirschen sitzen. Das Menu haben wir vor fast einem Jahr ausgewählt, für die Feier des Halbrunden. Nun ist es ein gewöhnlicher, und doch so ungewöhnlich. Wie lange ist es her, seit wir zusammen gegessen haben? Na, ja einmal mit „Zoom“, einmal mit einem Einsiedlerkrebs aus der Bekanntschaft, wo wir dachten, er sollte doch auch mal wieder ein wenig Gesellschaft haben. Sonst waren es wir zwei. Gegenüber. Zu zweit. Allein. Ruhig. Wenig Worte. Und eines omnipräsent. Ich gebe dir hundert Franken, sage ich, wenn du eine Zeitung findest ohne das C- Wort! Ich wurde nie auch nur zehn Rappen schuldig.

Wir werden mit den Familien in die Höhe fahren. Sie werden da wohnen, wir nebenan. Wir werden mit ihnen spielen, da gibt es neue Gesellschaftsspiele, die wir auf Fotos von Weihnachten kennengelernt hatten. Sie werden wandern, wir nehmen unbesorgt das Bähnli. wir treffen uns – ohne Vorbehalte!

Wir werden sehen, wie die Fortschritte im Schwimmen sind, wie gut der Kleinste im Bunde schon laufen kann, das kleine Bündel, das wir vor einem Jahr zuletzt auf dem Arm hatten. Jetzt rennt er auf den Zehenspitzen herum. Die Welt hat sich weiter gedreht, obwohl wir manchmal dachten, sie stehe still.

Sie ist stillgestanden, unsere Welt. Für viele Freunde ganz still. Wir konnten uns nicht verabschieden und besuchen sie jetzt auf dem Friedhof. Wir denken an sie. Wir vermissen sie. Die Welt hat sich gedreht, und sie sind woanders hin. Die Welt dreht sich weiter.

Wir werden reisen. Nicht auf den Mond. Nicht auf den Mars. Vielleicht nicht einmal auf den Säntis. Aber wir werden unbesorgt in ein Fahrzeug steigen und irgendwohin fahren, dort aussteigen, einchecken und ohne Sorgen verweilen.

Hoffnungen, Lösungen, am liebsten Prognosen!

Ein Märchen

Lisa war eine Gabe in die Wiege gelegt worden. Das Talent entwickelte sich mit ihr, und schon als sie drei Jahre alt wurde, bemerkte sie es an sich selbst.

An diesem Wintermorgen war ihre Mama gereizt. Die blauen Augen, in denen sich stets die Sonne zu spiegeln schien, waren heute wie mit einem Nebeltuch verdeckt. Der Mund – sonst stets zum Lächeln bereit – blieb verschlossen und verkniffen. In diesem Moment entdeckte Lisa ihre Gabe. Sie schaute der Mama ins Gesicht und sah: strahlende, mit Lächeln gefüllte blaue Augen und einen Mund, der die weissen Zähne betonte und das wunderschöne Mama -Lächeln zeigte.

Von diesem Moment an, konnte Lisa die Gesichter der Menschen ändern. War jemand sauer auf sie oder auf etwas in der Umgebung, schaute dieser jemand verkniffen und beleidigt in die Welt, Lisa sah es anders. Immer entdeckte sie fröhliche, liebevolle, offene Gesichtsausrücke.

Für Lisa wurde das Leben so zu einem Honigschlecken. Da sie keine sorgenvollen, unglücklichen, abweisenden Minen sah, ging sie stets fröhlich strahlend und offen durch die Welt.

Als man überall Gesichtsmasken trug, war auch dies für Lisa einfach: was bekümmerte sie das Stück Stoff, das eine Gesichtshälfte fast zudecken konnte. Sie sah das ganze Gesicht ihr gegenüber. Und weil dieses froh und zufrieden wirkte obwohl dies nicht für jedermann so aussah, wurde die Stimmung um Lisa ruhig und lächelnd, zufrieden.

Leider weiss ich nur von dieser Lisa. Doch wir könnten vielleicht selbst zu einer Lisa werden: sehen wir doch einmal nur das Lächeln.

Ein Tag zum Vergessen

Kennen Sie ihn auch? Diesen Tag, wo von frühmorgens bis abends spät alles misslingt. Es kann mit dem Aufstehen beginnen, oder sogar noch im Bett: im Bett, zum Beispiel, kommt mir in der Traum in den Sinn, der mich so unsäglich geplagt hat. Sie rannten mir nach und ich rannte davon, aber mir wird noch rückblickend Angst vor den Einbrechern. Beim Aufstehen, dafür, tut mir das Knie schon weh, bevor ich draufgestanden bin. Das kann ja heiter werden, muss ich doch noch Wäsche bügeln (stehend) einkaufen (gehend) und und und. Natürlich fällt mir beim Frühstück machen ein kleines Kaffeerahm Döschen hinter den Kasten. (dies ist nun kniende Arbeit!) Und so geht es sozusagen pausenlos weiter.

Gestern erstreckte sich mein Pech Tag vor allem aufs Technische. Im „Posteingang“ fand ich die Bestätigung des Blumenhändlers mit der Empfängeradresse „Marion“ statt der Adresse der kranken Freundin. Die Telefongespräche zum Vorfall waren alles andere als erbauend. Und meine Wut machte mir fast Bauchweh. (Einen Tag später mochte ich den „falschen Strauss“ kaum einstellen. Doch mittlerweile freue ich mich halt notgedrungen darüber). Mit der Post, der richtigen, die im Tiefschnee versunken war, kamen dann gleich zwei ungerechtfertigte Mahnungen. Ein weiterer Grund für mich, Bauchweh zu bekommen. Beide Briefe waren das Porto nicht wert! Natürlich war alles rechtens, aber der Aufwand, dies zu beweisen, war erschreckend gross. Meine Kräfte waren ja schon reduziert, man denke nur ans Aufwachen und Aufstehen.

Nachmittag Spaziergang: Der kleine Junge holt mit einem eisigen Schneeball aus, um ihn der herzigen Schulkollegin anzuwerfen. Ich sehe, wie das kleine Mädchen, dunkler Teint und Rastalöckchen, Angst hat und rufe dem Lausbuben zu: „Lass das!“ Tatsächlich hält er inne und wirft mir einen wütenden Blick zu. Von hinten, wo sich die Schüler heimwärts bewegen, höre ich einen Laut und „jetzt habe ich gleich einen zweiten geworfen“, schreit der kleine Schlingel aus perfekter Sicherheit. Was hätte ich altes Haus auch ausrichten können: Eisglätte, Schneefall und die grosse Langsamkeit, die einen erreicht wenn man mal über —- ist:

Doch nicht genug des Ungemachs. Abendbrot: Der Risotto klebt an der Pfanne, der Salat wird nicht sauber, die verklebte Pfanne lässt sich schwer reinigen. Seit langem schreibe ich auf jeden neuen Einkaufszettel „Pfannenputz“ und „Zahnpasta“ – das sind meine „Transitorischen“, die sich über Wochen hinziehen können. Und dann, am Pech Tag natürlich, fehlt das eine oder andere.

Es wird garantiert auch der Pech Tag seinen Abend finden. Und nicht jeder Tag ist so schön oder so schlimm wie der andere. Es lebe die Vielfältigkeit.

Mensch! Maschine!

Altjahr ade, Neujahr hallo! Die Ordner sind bereit, die Laptops gespitzt: wir machen uns daran, die alte Ordnung (oder Unordnung?) in die neue, frische ungebrauchte Zeit hinüberzuführen. Meine neuen Ordner warten auf Ausgedrucktes, das ich mir höflich von der Bank hole. Keiner dort braucht dazu einen Finger zu rühren. Und ich nehme mein Druckerpapier, meine Patronen, vor allem aber meine Zeit, und arbeite für meine Bank. Diese schreibt mir am Ende des Kontoauszuges frisch und frei Kontoführungsgebühr auf und hat selbiges bereits eingezogen.

Dieses Jahr liegt dem ganzen Papier noch eine Rechnung bei. Ich sehe es erst, als ich die gedruckten Dokumente in die Hand nehme, diese lochen und ablegen will. Ich kenne niemanden – weder Aussteller noch Empfänger. Und fange an, mich zu fragen, wie denn das jetzt eigentlich mit dem Datenschutz und so sei. Ich entscheide entgegen dem ersten Impuls, nicht zu versuchen, den CEO des Bankhauses direkt mit einem Brieflein von meinem Schreibtisch aus zu beglücken. Bestimmt hat der hohe Herr schon genug Neujahrsgrüsse mit und ohne Beilage von Champagner oder Pralinen erhalten. Also rufe ich die Maschinenabteilung der Bank an, andere nennen es IT oder E-Banking Hilfe.

In der Warteschleife teilt man mir mit, es seien den Jahresabschluss Dokumenten fiktive Rechnungen beigelegt worden, weil eine neue Art Einzahlungsschein mit QR-Code ihren Weg in die Finanzwelt begonnen habe. Vielen verunsicherten Kunden wolle man diese Tatsache schon hier in der Warteschleife zur Kenntnis bringen.

Heisst, bevor all die unbedarften Kunden, die das nicht gecheckt hatten, an einen „Menschen“ herankommen konnten, um sich zu erkundigen; wer hat die Rechnung geschickt? warum mir? wieso? Nur die scheppernde automatisierte Warteschleife.

Und so gehen wir mit unseren Dokumenten einsam in ein neues noch voller automatisiertes Jahr, unterhalten uns mit Maschinen, hören Endlosmusik in diversen Warteschleifen, vermuten, und hoffen, irgendwo sitze ein Homo Sapiens, der vielleicht etwas arbeitet, noch vielleichter etwas denkt.

Um etwas Ansprache zu finden und in der Hoffnung, wenigstens mit etwas Leben in Kontakt zu kommen, ziehe ich die Winterstiefel an und rufe meinen Vierbeiner zum Abendspaziergang. Sein fröhliches Gebell lässt mich ein wenig hoffen!

Vorsichtig, mutig, ängstlich oder..

—alles miteinander! Mir scheint, jeder, jede von uns findet sich zur Zeit im Clinch mit diesen Begriffen. Während die einen sich  zurückhaltend vorsichtig auf dem Minenfeld des Virus bewegen, gibt es eine Mehrzahlt von Ängstlichen, Überängstlichen und sogar Verstörten, die der Herausforderung dieser Zeit hilflos gegenüber stehen.

Ich habe überlegt, was für ein Mensch ich eigentlich bin. Bestimmt bin ich nicht mutig, im Sinne eines Arnold von Winkelried, einer Jeanne d’Arc oder gar eines Konsul Lutz! Doch dann denke ich, vielleicht haben auch diese ‚Helden‘ nicht den sogenannten Heldenmut in die Wiege erhalten. Vielleicht – und dies kann eine Anmassung bedeuten – ging es ihnen wie mir: Vorsichtig, weil von kleinem Wuchs und eher scheu, ging ich als Kind meiner Wege. Doch immer wieder war Mut gefragt. Es galt zum Beispiel „vom Böckli“ ins Wasser zu springen, statt vom Bassinrand. Der Mut fehlte mir infolge der Vorsicht. Und dann setzte ein unerklärlicher Vorgang ein: Ich glaube, man nennt dies Überwindung. Die Vorsicht, die Ängstlichkeit schickte ich weit weg und tat das, wovor ich solche Furcht empfand. Und siehe aus der Vorsicht, gemischt mit Angst wurde etwas anderes: Respekt.

Mit Respekt gegen diese bedrohliche Umgebung angehen, könnte eine Lösung sein. Es ist besser sich nicht ängstlich zu verkriechen und sämtliche Zahlen und Ergebnisse zu studieren, im Kopf zu multiplizieren, gefühlsmässig aufs Riesige anwachsen zu lassen und so  das Furchterregende zu vervielfachen. Es gilt, den eigenen Mut „aktivieren“, und vorsichtig, respektvoll dem Unvermeidlichen begegnen.

Diese Überlegungen können auch helfen, einem unangenehmen Gespräch unbesorgt entgegenzusehen, einen besonders gefürchteten Arzttermin zu ertragen, einen schwerwiegenden Irrtum zuzugeben.

Ich wünsche allen Lesenden Kraft!

Wir sind jung, die Welt steht offen….

Haben Sie dieses Lied auch noch gesungen? Also aus voller Kehle ohne Spotify, Verstärker oder You Tube Begleitung? Kennen Sie es, diese optimistischen Worte, dieser Zukunftsglaube in – zugegeben – altmodischer Form?

Ich bin heute über das Feld gelaufen, dem Alter, der Form und dem Zeitalter entsprechend langsam, einsam, genügsam. Die Menschen, denen ich begegnete, waren meine Jahrgänger, keine Familien (die Kleinsten waren offensichtlich noch am Mittagsschlaf), keine Hundehalter (die waren früher unterwegs, die Vierbeiner mussten“ frühzeitig). Zusätzlich traf ich auch auf ein paar schniefende, schwitzende Jogger mit missmutigen Mienen.

Um mich zu unterhalten stellte ich mit meine heutigen ‚Mitläufer‘ vor, wie sie etwa zehn Jahre alt ausgesehen haben könnten und dazu wie sie das Lied sangen. Ich glaube, das Lächeln und Schmunzeln verliess mein Gesicht nie.

Wieder zuhause, spürte ich Energie. Das alte Lied, der jugendliche Optimismus und eine schlummernde Lebensfreude hatten mich gepackt, geweckt. Mit Elan machte ich mich an die häuslichen Aufgaben. räumte auf und weg, erledigte dies und das, während draussen die Sonne langsam hinter dem Hügel untertauc hte.

Geht darob der Tag zur Neige, leuchtet uns der Sterne Schein, summte ich vor mich hin. Ende der letzten Strophe des Liedes, glaube ich. Irgendwann wird es immer wieder hell. Mein Vater hat oft vom Licht am Ende des Tunnels gesprochen. Soviel für heute!

R

Herbst Zeitlosen

Jedes Jahr waren mir diese violetten eigenartig elfenhaften und auch etwas glitschigen Blüten Vorboten einer dunkleren Zeit. Jedes Jahr wurde ich beim Anblick der ersten dieser Blüten etwas traurig . Es wurde mir bewusst, es galt Abschied zu nehmen von der Wärme, vom Sommer, vom goldenen Herbst, und das lange Warten auf die längeren Tage, die Helligkeit und die Wärme würde beginnen. Der Herbst würde zeitlos, lang und dunkel werden.

Dieses Jahr ist alles etwas anders: Verluste, die mich schwer trafen, über einen ganzen Frühling und Sommer verteilt, liessen mich, zusammen mit den Sorgen, der Einsamkeit und dem Wärmeverlust während der Corona Zeit, vergessen, den Sommer, die Sonne und die natürliche Freiheit des hellen Halbjahres zu geniessen.

So ist es unerheblich, die mahnenden Violetten zu finden. Es wird einfach noch etwas dunkler. Es bleibt zu hoffen, zu beten, zu bitten, das Dunkle möge kurz und schmerarm werden.

Rosenbaum

Ich spaziere an der letzten blühenden Rose von 2020 vorbei. Der Rosenbaum legt sich für diesen Winter zur Ruhe. Er muss nach den Blüten auch noch die Blätter fallen lassen, damit der kommende Schnee seine Äste nicht brechen wird.

Rosenbaum ist ein jüdischer Nachname. Bis zur Aufklärung war es Juden nicht erlaubt, Nachnamen zu tragen. Sie hiessen Ben Samuel, Sohn des Samuel oder Ben Halevi und so weiter. Dann durften sie Namen tragen und auswählen. Oft bezogen sich diese auf Berufe, auf Orte. Dies in Anlehnung an die Umgebung. Man findet diese Sitte in unserer Kultur in allen Gesellschaftsschichten.

Woher die vielen Rosen – Namen kommen, weiss ich nicht. Meine Grosseltern, die in Zürich ein gastliches Haus führten, hatten eine ganze Anzahl Freunde und Bekannte, die einen solchen Rosen-Namen trugen. Es gab die Rosenfelds, die Rosenbergs, die Rosenblums und andere.

in den Ferien bei Oma und Opa, kleideten sich mein Bruder und ich in ein Pelzcape (gab es damalas noch), einen Hut mit Hühnerfeder, Schuhe mit Absätzen ich, und einen Bowler, einen Stock mit Silberknauf und ein Jackett mein Bruder. Vor der Haustüre läuteten wir und das Zimmermädchen meldete in den Salon: Herr und Frau Rosenfelder. Schon unter der Türe krümmten wir zwei uns, doch als der bereits anwesende Besuch ebenso wie die Grosseltern Tränen lachten, war der langweilige Nachmittag gerettet.

PS; man sieht: mein C.V. beginnt in einem gepflegten Milieu. Der Lebenslauf hatte seine Auf und Abs.