Im Appenzell Innerrhoden hatten die Frauen das Stimm- und Wahlrecht lange nicht. Es mussten „fremde Richter“ eingreifen. Jetzt stehen die Innerrhoderinnen zusammen mit ihren Männern im Ring wenn im April Landsgemeinde Sonntag ist. Zuhause sind sie seit jeher die unbeschränkten Herrscherinnen über Haushalt und Budget.
Seit dem Buch und noch mehr seit dem Film „Wolkenbruch“ kennt die Schweizer Öffentlichkeit die Traditionen im orthodoxen Judentum. Wie im Appenzellischen ist es Aufgabe der Frau, Familie und Haus zu führen. Sie wacht über die Erziehung und Bildung, über die täglichen Pflichten und den Umgang ihrer Kinder.
Die Innerrhoderinnen und die orthodoxen Jüdinnen tragen gleichermassen traditionelle Kleidung, die Appenzellerinnen eher für festliche Anlässe, die jüdischen Frauen im Alltag wie an Festtagen
Wenn in Appenzell der Mann ein neues Hääs (Anzug, Gewand) braucht, geht er zum Herrenmode Geschäft. Seine Frau folgt ihm, schaut mit ihm die Kollektionen durch , empfiehlt ihm zwei Kleidungen zur Anprobe und wählt dann aus, welches dem Mann besser steht. Darauf zückt sie das Portemonnaie und bezahlt den Einkauf, nachdem sie noch ein Hemd und eine Krawatte ausgewählt hat. Auch sie ist Innenministerin mit Portefeuille Gewalt.

Auf dem „Steene“-(Dialekt für Sterne) und „Lateene“ (dito für Laterne) Weg habe ich fünf wunderschöne Sagen im Innerrhödler Dialekt gehört. Anschliessend an die Wanderung den Laternen nach, traf man sich zu einer heissen Suppe. Eine waschechte Innerrhoderin, erzählte, sie habe heute ‚Grippe Impfung‘ gemacht:Sie habe den ganzen Tag immer wieder von ihrer Hühnersuppe gegessen, das helfe gegen Grippe und andere Leiden. Sie erklärte auch, welche Sorte Hühner sie verwende, und wie sie salze, und welche Gemüse sie beifüge. Und Nudeln. (typisch die „Hühnersuppe“ meiner Oma Fanny), da fährt die Dame fort: „D’Barbara hätt mer denn gseet, das sei ä Judesuppe, und das stimmi das die gege vieles hälfi. D’Jude essed diä au gäge alli Breschte“. (Die Barbara hat mir gesagt, das sei eine Judensuppe, und es stimmt wie diese gegen allerlei Beschwerden hilft. Die Juden essen diese Suppe regelmässig, um Beschwerden vorzueugen.)
Bei uns zuhause stand in dieser Jahreszeit neben der Menora für die Chanukka Lichter auch ein geschmückter Tannenbaum. Es war Brauch, das jüdische Lichtfest zu feiern und für die in unserem Haushalt lebenden Mitmenschen das Haus so zu schmücken, wie es für sie Sitte war.
‚Man kann Traditionen mischen‘, hat mir kürzlich eine Freundin gesagt. Es hilft, mehr Verständnis für einander zu empfinden. Man kann nicht nur Traditionen mischen, man sollte dies tun!