Angedeutet habe ich es schon, das mit den Konfessionen. Von meiner Warte aus ist es kaum erwähnenswert, denn mich beschäftigte und beschäftigt heute das Anti-Jüdische, der Antisemitismus, ein Vielfaches mehr.
Kürzlich aber haben wir uns über die Zeit unterhalten, wo wir Kinder waren, Kinder, kurz vor dem Ausbruch des Krieges geboren und mit dem Ende dieses Krieges grad mal so Primarschüler mit Denkvermögen. Es herrschte da ein längst entbrannter Rosenkrieg in den Dörfern und Städtchen, eine Unsitte sondergleichen, die für niemanden wegzudenken war.
Dieser Krieg wurde verbissen geführt. Der Beispiele sind viele, und mein LAP (LebensAbschnittsPartner) und ich vergleichen die Geschehnisse in seinem Heimatdorf und meiner Heimatstadt mit Vergnügen. Der Ausdruck, die Kirche solle im Dorf bleiben könnte ebenfalls auf diese Animositäten zurückgehen, die dann nach und nach zu einer wahrhaften Schlacht geführt haben. Bäckereien, Metzgereien und Spezerei Geschäfte gab es in jener Zeit noch eine Menge, selbst in der kleinsten Ortschaft reichte es meist für zwei Bäcker und zwei Metzger. Meist war dann einer katholisch und der andere reformiert. Es war selbstverständlich und wurde als Axiom angesehen: der katholische Bürger kaufte beim Katholiken und die Protestantin im reformierten Geschäft. Diese Gesetzmässigkeiten wurden argwöhnisch beobachtet. Hinter Vorhängen wurde rausgeblinzelt, wohin denn das mit Zöpfen gekrönte Mariannli nun steuerte, um ein grosses dunkles Brot einzukaufen. Tatsächlich: es ging zur falschen Bäckerei und, oh Schreck, gleich darauf holte es noch eine Bratwurst beim falschen Metzger. Was da wohl passiert war? Die Antwort ist nicht bekannt.
Auch die Hausfrauen schenkten einander nichts. Meine liebe Schwiegermutter war eine gläubige, konservative Katholikin. In einer katholisch orientierten Kleinstadt lebte sie mit ihrer Familie zur Miete bei Protestanten. Jahrelang war es Brauch, ja ich würde es Gesetz nennen, wie man betreffend Waschen und Putzen die Nachbarn so richtig ärgern musste.
Meine liebe Schwiegermama hielt den Karfreitag für den Tag des Grossputzens. Da blieb kein Möbel an seinem Platz, die Fenster mussten glänzen und alle Bettinhalte mussten über Gänge und Treppen mit Krach und Getrampel ins Freie gebracht werden. Möglichst unter Mithilfe der Kinder, die dazu auch noch lärmen und johlen durften. Die Vermieterin ihrerseits hielt Gegenrecht und benützte den Fronleichnams Feiertag stets, um Grosswaschtag in Verbindung mit grossem Reinemachen zu planen. Sie hängte gewaschene Teile auf, lärmte mit dem Staubsauger und krönte den Tag mit lautem Teppichklopfen. Unter dem Jahr waren die beiden Frauen von einer kühlen Höflichkeit zueinander. Aber an diesen Heiligen Tagen der jeweils anderen verwandelten sie sich in Hyänen. Jede war der Überzeugung, das gehöre sich so.
Die Zeiten ändern sich. Die Einwanderung, die Oekumene, die gemischten Schulen, und viele andere grosse und kleine Veränderungen haben diesen mit Überzeugung geführten Religionskrieg beendet. Im nahen Altersheim höre ich hie und da noch die eine oder andere Bewohnerin abschätzig von einer Nachbarin sagen, sie sei halt reformiert (oder katholisch).
Man kann ja nichts dafür…….