Gäärn gscheh!

Als Jüdin bin ich von den Geschehnissen in Halle besonders betroffen. Am Vorabend des Hohen Feiertags der Juden, Jom Kippur, war ich in der Synagoge, um dem Kol Nidre beizuwohnen, dem feierlichsten Gebet der Juden.

Wie üblich war der Betsaal bewacht. Die Polizei war da, sowie private Überwachung. Der Rabbiner bat wie immer, den Bewachenden zu danken, was für mich selbstverständlich ist.

Auf meinem Heimweg steht an einer Strassenecke ein baumlanger, junger Polizeibeamter. „Guten Abend,“ sagt er freundlich, und ich erwidere seinen Gruss, und füge an „und danke vielmals“. Er lächelt und sagt – ehrlich und mit Überzeugung in seiner Stimme – „es isch gäärn gscheeh!“

Gerührt und beglückt von dieser aufrichtig gemeinten Aussage gehe ich nach Hause. In meinen Ohren klingen die alten Melodien nach. Ich fühle mich zugehörig: zu den Menschen, zu den Schweizern, zu den Juden! Gerne geschehen, ist so schön, viel schöner als das im Deutschen aufkommende „aber gerne“.

(Sephardische Synagoge in Bordeaux F.)